Traumtänzer
Als sie sagten, ich Traumtänzer solle endlich abdampfen, hörte ich zuerst abdanken. Abdanken? Habe ich denn einen Posten inne, bin ich den minderbemittelten Proleten doch wichtig? Wo sie mich doch bislang lächerlich machten, wann es nur irgendwie ging. Ich fühlte mich bei unseren Clubbesuchen auf der Tanzfläche eigentlich immer fehl am Platz. Sah die Bierflaschenhalter als grelle Neonröhren, die irrwitzig und plump wie Presslufthammer den Boden malträtierten, wenn sie sich überhaupt bewegten und mich als elfengleiches Irrlicht, dass sich unter den rhytmischen Bässen ängstlich duckte. Fühlte mich wie eine Linie auf dem Monitor in der Intensivstation, immer kurz vorm Kammerflimmern. Oder hilflos überfordert wie ein Schmetterling im Windkanal. Wie ein Flimmerlicht, ein Glühwürmchen geblendet von den Halogenstrahlern des Abendtrainings der Altherren- Fußballmannschaft. Eben irgendwie fehl am Platz!
Doch merkte ich erst, als sie begannen, mich wie einen Medizinball herumzuschubsen, dass ich da etwas zwischen Kopf und Ohr vertauscht hatte. Das Verdrehen ist schon immer eines meiner erfolgreichsten Disziplinen. Da es eine Kernkompetenz des Tagträumers ist, hatten mich die Kumpane natürlich ganz richtig tituliert. Dass sie allerdings mein Wesen verstört und sich unerfüllbare Sehnsüchte wie überprallgefüllte Luftballons durch mein pures So- und Dasein drohend wie schwarze Gewitterwolken immer wieder neu über ihnen auftürmten, verstand ich schon lange. Als ob unbezwingbare Ängste in ihnen herumgeistern und sie überwältigen könnten, wenn sie sie nicht über mich bekämpften. So konnte ich ihnen die Derbtheiten immer wieder verzeihen.
Doch heute war es besonders schmerzhaft! War da eben doch ein anderer bunter Schmetterling in lustigen Piruetten über das Parkett direkt in mein Herz geflogen. Meine Blicke hatten sich schon in ihren lustigen roten Löckchen verirrt, und sich, kaum wieder heraus gewunden, alsdann in ihren leuchtgrünen Augensternen verloren, so dass der Angriff in dem Moment mehr als gemein und hinterhältig war.
Doch, oh Wunder! Gerade als ich zu fallen drohte, rettete mich eine zarte, doch kräftig zupackende Hand kurz vorm Sturz in tiefste Verzweiflung und Scham. Grüne Sterne strahlten mich an und aus lockenden Samtlippen ertönte mit Engelszungen: " Mach Dir nichts draus, Süßer! Die doofen Prolls wissen es nicht besser! Lass uns hier verschwinden! Ich weiß ein schönes Plätzchen am Fluss! Heute ist Vollmond. Da sieht man zwar keine Sterne, doch wenn wir Glück haben springen die Fische und zeichnen schöne Glitzerkreise aufs Wasser.