Barbi Turate 

 

Barbi Turate, ihres Zeichens Schuhdesignerin aus Bologna, war stolz auf ihre Massai-Wurzeln.

Ihre langen Beine mit der Sprungkraft eines Kängurus und der Ausdauer eines durchschnittlichen Kleinbürgers beim Frühjahrsputz hatten sie nicht nur nach Europa, nach Italien, Bologna und an die Spitze des Schuholymps getragen, nein - sie machten sich auch gerne breit. Nein nicht was sie wieder denken, Ferkelchen! Bewahre! Barbi war wie ihre Namensvetterin mit E unlustig und unfähig die allzeit bereiten Dickpics, ob wohlfällig oder plump angeboten, in sich aufzunehmen.

Was hier lustig klingt, ist es aber bei weitem nicht. Aber um dieses traurige Kapitel ihrer Biografie geht es hier nur am Rande. Nur in dem Sinne, dass sie größten Respekt verdient, sich trotz dieses dunklen Kapitels ihrer Biografie zu solch einer starken, anmutigen und durchsetzungsfähigen Frau gemausert zu haben. Wer von uns mit Wohlstandsbäuchlein und Doppelhaushälfte würde an solch einem unmenschlichen Schicksal nicht zerbrechen und nach einer solch schrecklichem Erlebnis sein Leben in den jämmerlichen Zwischenräumen zwischen Maloche und Feierabendbier an der Glotze, respektive Sekt, Sonnenbank und Therapeut vegetieren? Sie selbst hatte auch nicht im Geringsten etwas mit dem zu tun, was ihr Name nahelegte.

Um auf den misszuverstehenden Begriff Breit zurückzukommen. Es ist auch nicht als breitbeinig im Sinne voller Hosen zu verstehen. Das würde niemand genießen, außer vielleicht ein paar Fetischisten. Die allerdings fänden in ihren Augen wohl wenig Verständnis. Denn wenn es auch aus unserem wohlstandsverweichlichten Blickwinkel eine zwar randständige aber eben Daseinsberechtigung hat, kann sie nur darüber den Kopf schütteln. Da sie jedoch rundum mit prallem Leben und geliebter Arbeit beschäftigt ist und ihre Freundin ihr keinen eindringlichen Grund gibt, an frühere Torturen erinnert zu werden, tangieren sie anderer Leute Sexualität und deren schrillen Spielarten nicht im Geringsten. Vielleicht wären bei so Manchem in ein oder andern Fall die Barbiturate entweder abzusetzen oder aber die Dosis zu erhöhen.

Sie sah sich selbst als glücklichen, kreativen und rundum freien Menschen, vielleicht etwas pedantisch bei der Arbeit. Rasse galt ihr nur etwas im Sinne von rassig!

Denn rassig und trotzdem sprungbereit mussten ihre Schuhe sein. Känguru-Stiletti, sie mussten schnell an- und auszuziehen sein und den Tag im Büro nicht zur Tortur und auch die Füße beim Tanz am Abend nicht zum Grund für aufatmendes Vonsich-Schleudern hinter der Haustüre zu machen. Der ganze Fuß, vom Sprunggelenk über die Hühneraugen bis zum kleine Zeh sollte sich gerne in sie einquartieren. Tag für Tag. Punkt.

Ach so - die breiten Beine. Mir ist durchaus bewusst, dass der, die, das Leser(in mit und ohne Sternchen) darauf wartet, dass ich das Rätsel endlich auflöse. Tja - auch wenn mein Hauptgrund zu großen Teilen war, die Spannung hochzuhalten, gibt es etwas Harmloses und doch intrinsisch Lustvolles. Nun, was könnte das sein? Lassen sie doch einmal ihrer Fantasie freien Lauf! Wer sich an die Massai-Herkunft erinnert, wird vielleicht an Speerwurf und den dazu nötigen guten Stand denken. Oder an Ballett und den berüchtigten Spagat.

Weit gefehlt! Bockspringen ist es. Nein, nicht das, woran meine etwas einfacher gestrickten Geschlechtsgenossen nun wieder denken mögen. Barbi organisiert nämlich einmal im Monat einen Nachmittag für Flüchtlingskinder. Bockspringen ist dabei ihr Lieblingsspiel. So einfach kann es sein, wenn wir nicht in unseren kleingeistigen Denkgewohnheiten hängenbleiben. Es ist sozusagen geistiges Bockspringen, was uns zu mehr Durchblick, Toleranz und Lebensfreude verhilft.