Entzauberte Märchen Nr.8 Der Wolf und die sieben Geißlein

 

 

Der geile Wolf und die sechs und ein Geißlein

 

 

Es war einmal eine blöde Ziege, die diktatorisch über ein Kinderheim tief im Gebirge herrschte. Eigentlich war es ursprünglich einmal ein Kinderheim gewesen, doch die Mädchen waren allesamt schon einiges über den Jahren, in denen nicht nur ihre Triebe munter zu sprießen beginnen und sie zwischen melancholischem Puppenspiel oder jugendlichem Großkotz wechselten wie die Regierungen heutzutage ihre Minister. Zuweilen, wenn die Alte aus dem Hause ward, denn sie musste des Öfteren omanöse, dringende Geschäfte erledigen, versammelten sich die Mädels am PC der verhassten Aufseherin und loggten und lockten sich in das Netz ein, um dort in Erfahrung zu bringen, was die Alte ihnen von der großen weiten Welt vorenthielt.

Anfangs noch waren es Kochrezepte und Bilder des Prachtrammlers vom Gammelbauern aus Poppenhausen, der in jenem Jahr, den Zuchtoscar der Kleintiergilde gewann, doch irgendwann landeten sie in einem Chatroom einer größeren Kupplerseite. Weibohweib konnten sie da prächtige junge Böcke sehen. Mit und ohne Bart und/oder Schwanz, geschoren oder natur, wie es das Herz eines jeden Zickleins höher schlagen lässt.

Und eines Tages, die Blöde Ziege war wieder einmal auf einer ihrer immens wichtigen Sauftouren durch die Nachbardörfer, und ihr Auftauchen war frühestens nach dem Wochenende zu erwarten,

schrieb ihnen ein Prachtkerl mit Nicknamen Geiler Wolf und bot ihnen großzügigste und liebenswürdigste Hilfe in allen Lebenslagen und Stellungen dar, so dass sie vor Schreck erst einmal den Computer ausschalteten und zur reinigenden Sühne das Haus aufs Vorbildlichste bis in den letzten Winkel putzen. Nur den Bildschirm ließen sie staubig wie er war, denn dies hätte der Aufseherin wohl seltsam gedünkt, so man den Dreck erst sehen konnte, wenn Bilder ihn erhellten.

Doch wie der geneigte Leser leicht erraten kann, ließ der Anblick des geilen Wolfes die Zicklein nicht mehr los und eine jede von ihnen schwelgte und litt des Nachts schon vor dem Traume an furcht- und bar eregenden Phantasien. Wenn erst einmal die Biene summt, sind die Blüten nicht mehr weit, hätte dazu schmunzelnd Pater Runzloff Bigott gepredigt und ihnen dabei dabei augenzwinkernd mit dem Mittelfinger gedroht.

Es kam also das nächste Wochenende und der gewohnte Ausflug der Blöden Ziege zum Gailthaler Almfickerl.

Kaum war die Alte nach ihren halbherzigen Ermahnungen, bloß kein Mannsbild in ihre keuschen Hallen zu lassen, aus dem Hause, stürzten die Mädels an die Mattscheibe und holten sich das Bild des schmucken Bockes vor die ungeduldigen Äugelein. Wie jubelten sie, dass er ihnen ihre Flucht nicht übelgenommen hatte und ihnen Tag für Tag neue, immer verwegenere Zeilen schrieb. Als er ihnen ankündigte, dass er am folgenden Wochenende zu ihnen auf Besuch kommen würde und ihnen genaueste Anweisungen gab, wie sie sich auf seine Erscheinen vor zu bereiten hätten, meckerten sie aufgeregt und ängstlich durcheinander und flohen alsbald in ihre bewährte allzuweibliche Möglichkeit die Sicherheit des Alltags wieder her zu stellen: Putzen.

Diesmal rieben sie sogar die Gürtelrose und den horizontalen Silberstreif der Alten so blitzblank, dass es eine wahre Pracht und Freude war.

Ihre Bewacherin wähnte sich darob ihrer überragenden Erzieherfähigkeiten noch sicherer und ging am darauffolgenden Samstag wieder über den Berg um sich im nächsten Tale besteigen zu lassen.

Wie schon aus dem volkstümlichen, stark veränderten Märchen bekannt, erlangte der Wolf nun freudigen Einlass und die Orgie hätte neben einem lustvollen Verlauf auch ein süßes Ende nehmen können, wäre eines der Zicklein nicht prüder gewesen, denn die anderen Sechse. Es hätte nicht dem Treiben von Neid, Eifersucht und Scham zerfressen aus dem Uhrenschrank heraus zusehen müssen, wie die anderen lustig mit- und übereinander her hüpften. In ihm stritten Unsicherheit und Gier in solchem Maße, dass es fast einem Pulverfasse gleichkam. Es konnte sich während des ganzen Treibens nicht von der Stelle rühren.

 

Deshalb verriet es auch die anderen bei der Alten, als diese am folgenden Abend zurückkam. Diese tobte, nannte die armen Zicklein undankbare Schlampen, die ihre Ehre so schändlich durch den Schmutz zögen, sie vor aller Welt erniedrigten und fiel schlussendlich vor lauter Entrüstung hintüber in den Brunnentrog, wo sie wegs ihrer eigenen schweren Sünden, die wie Steine in ihrem Unterleib drückten, zur Erleichterung Aller auch sogleich unterging und jämmerlich ersoff.

 

Jedoch erkannten die Ziegen die Not der jungen Verräterin und verziehen ihr. Der geile und unterdessen immer noch putzmuntere Wolf versprach, mit ihr besonders zart und vorsichtig in die Gefilde der Lust vorzudringen und sie wars so erleichtert, dass sie bald schon mit in die Freudentänze der anderen einfiel. Manche Zungen behaupten, dass sie so ausgelassen gewesen seien, dass sogar das Rumpelheinzchen zu ihnen stieß und lustig mit ihnen bis zum Morgengrauen ums Feuer stob.

 

In der allseits bekannten Fassung des Märchens ist der Einfluss mehrerer plagiatsvorwurfsvoll, katholoner Frauenverbände für den aufgeklärten Bock von heute nicht unschwer zu erkennen, steht doch hier wieder einmal die Mißgunst und verschämte Doppelmoral der "Zu kurz Gekommenen" dem sittlichen Ansinnen speichelleckend Pate. Könnten sie damit zufrieden sein, wenigstens ab und an und kurz zu kommen, müssten sie dem Rest der Erdbevölkerung nicht immer wieder moralinsauer ins Leben pfuschen.

 

 

 

 

 

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